Mit zwei Holzstäben und einem Kunststoffball lässt sich bei Parkinsonpatienten Erstaunliches erreichen – das zeigt das Projekt Drums Alive der Selbsthilfegruppe in Ludwigsfelde.
Die Trommelstöcke in den Händen der Teilnehmer ragen hoch in die Luft, schlagen paarweise gegeneinander und sausen auf Kommando hinunter auf die großen Gymnastikbälle. Die lauten, hallenden Trommelschläge lassen alle begeistert mitwippen: Diesem Rhythmus kann sich niemand entziehen. Die Drums Alive-Stunde der Parkinson-Selbsthilfegruppe in Ludwigsfelde ist in vollem Gange. Es ist erstaunlich, wie sich dieses mitreißende Gruppenerlebnis auswirkt, sagt Michael Pioch, der die Selbsthilfegruppe leitet und das Trommel-Angebot organisiert. Plötzlich können sich die Patienten wieder richtig gut bewegen, das hält tagelang an!
Pioch, der selbst nicht von Parkinson betroffen ist, engagiert sich seit sechs Jahren ehrenamtlich für die Selbsthilfe. Er ist überzeugt davon, dass solche Gruppen den Betroffenen enorm dabei helfen, optimistischer in die Zukunft zu blicken: Am wichtigsten ist es, dass sie sich nicht isolieren, sondern sich austauschen und in Kontakt kommen können.
Trommeln befreit
Im letzten Jahr stieß er auf einem Landesbehindertentag in Brandenburg zufällig auf das Angebot Drums Alive, das mithilfe von Trommelstöcken und Gymnastikbällen zu rhythmischen Bewegungsabläufen animiert. Ich habe einmal mitgemacht und war sofort begeistert, erzählt der 68-Jährige. Die Rhythmik und die befreite Stimmung waren einfach ansteckend. Ich habe direkt gedacht, dass so ein Kurs etwas für unsere Parkinson-Selbsthilfegruppe sein könnte. Er besprach seine Idee mit der Gruppe, dem Trainer und einer Krankenkasse, die kurzfristig ihre finanzielle Unterstützung zusicherte. Bereits im August 2015 konnte das Projekt starten. Seitdem greifen jeden zweiten Mittwochnachmittag zehn bis fünfzehn Parkinsonpatienten begeistert zu den Trommelstöcken – je nach Jahreszeit unter freiem Himmel oder im Gruppenraum. Die Teilnehmer sind zwischen 48 und 80 Jahren alt und befinden sich in unterschiedlichen Krankheitsstadien. Die Übungen werden sehr flexibel gestaltet, erzählt Pioch, wer nicht mitkommt oder eine Pause braucht, kann problemlos wieder einsteigen. Wie sich herausstellte, nimmt die Beweglichkeit im Laufe der Kursstunde bei allen Teilnehmern schnell zu – so als würden Rhythmus und Musik alte Fähigkeiten wiederbeleben. Selbst wenn Patienten unter Freezing – einer plötzlichen Bewegungsunfähigkeit – leiden: Da hilft oft schon ein kleiner Schubser und sie können ganz schnell wieder mitmachen.
Erfolgreiches Konzept
In jeder Stunde übt der Trainer verschiedene Trommelfolgen ein, das Tempo beginnt langsam und steigert sich. Nach und nach kommen weitere Bewegungsabläufe hinzu sowie Musik, die den Takt vorgibt. Insgesamt erfordert Drums Alive viel Koordination, Konzentration und rhythmische Bewegung. Aufgrund des Erfolgs hat die AOK Nordost kürzlich für ein weiteres Jahr den Zuschuss gewährt. Pioch hat sich vorgenommen, möglichst viele Selbsthilfegruppenleiter und Betroffene über die positiven Effekte der Trommelgymnastik zu informieren. Denn die Parkinsonpatienten berichten ihm immer wieder, wie gut sie ihnen tut – und zwar nicht nur ihrem Körper, sondern auch ihrer Stimmung. Wenn der Kurs vorbei ist, strahlen alle, erzählt er begeistert: Sie sind ausgepowert, aber glücklich!
nk
Quelle: https://neurotransconcept.com/infos.aspx?id=impulse&article=Y-2016.I-02.P-008