Die Arme und Beine zittern unaufhörlich, die Muskeln werden zunehmend schwächer und die Bewegungen langsamer – all dies sind typische Symptome, unter denen viele Parkinson-Patienten leiden. Die genauen Ursachen dieser neurodegenerativen Erkrankung sind bis heute nicht geklärt. Ein Schweizer Forscherteam stellt nun in einer aktuellen Studie eine bisher gängige Vorstellung über die Entstehung von Parkinson in Frage.Basel/Schweiz – Die Parkinson-Krankheit wurde vor 200 Jahren das erste Mal von einem britischen Arzt beschrieben. Weltweit sind heute über sechs Millionen Menschen von Parkinson betroffen. Bei den Patienten sterben im Gehirn die Dopamin-bildenden Nervenzellen langsam ab. Der daraus resultierende Mangel an diesem Botenstoff beeinträchtigt die Motorik und oft auch die kognitiven Fähigkeiten. Die genauen Ursachen dieser neurodegenerativen Erkrankung sind bis heute nicht geklärt.
Verursachen Proteinfibrillen von alpha-Synuclein die Parkinson-Erkrankung?
Bislang nahm man an, dass einer der Auslöser das Eiweiß alpha-Synuclein sei. Es kann verklumpen und lagert sich als Lewy-Körperchen in den Nervenzellen ab. Die toxischen Proteinfasern richten die Zellen im Gehirn zugrunde. Ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Henning Stahlberg vom Biozentrum der Universität Basel hat in Zusammenarbeit mit Forschern von Hoffmann-La Roche Ltd. und der ETH Zürich so eine alpha-Synuclein-Fibrille nun künstlich im Reagenzglas erzeugt und erstmals mit atomarer Auflösung sichtbar machen können. „Entgegen unseren Erwartungen werfen die Ergebnisse allerdings mehr Fragen auf, als sie beantworten“, so Stahlberg.Dazu muss man wissen, dass bei einigen angeborenen Formen von Parkinson die Betroffenen genetische Defekte im alpha-Synuclein-Gen haben. Die Mutationen, so vermutet man, führen schließlich dazu, dass sich das Protein falsch faltet und sich zu den gefährlichen Fibrillen zusammenlagert.„Unsere 3-D-Struktur zeigt jedoch eine Fibrillen-Struktur, welche mit einem derart mutierten Protein gar nicht gebildet werden könnte“, sagt Stahlberg. „Aufgrund ihrer Lage würden die meisten dieser Mutationen die Bildung der von uns gefundenen Fibrillen-Struktur eher behindern.“ Kurz gesagt: Wenn diese Fibrillen-Struktur Parkinson auslösen sollte, müsste der Gen-Defekt vor der Krankheit schützen. Dies tut er jedoch nicht. Es könnte sein, dass eine andere Form von Fibrillen oder eine andere Form des Proteins die Krankheit bei diesen Patienten auslöst.
Was die Mutationen im alpha-Synuclein bewirken, ob sich andere Formen von Proteinaggregaten herausbilden, welche Rolle die Fibrillen für die Nervenzellen spielen und woran die Nervenzellen letztlich sterben – diesen Fragen muss nun nachgegangen werden. Bis heute ist die genaue Funktion von alpha-Synuclein nicht klar. Da sich mit den bisherigen Medikamenten nur die Beschwerden lindern lassen, sind dringend neue Konzepte gefragt.
06.07.18 | Redakteur: Ilka Ottleben
Originalbeitrag: Ricardo Guerrero-Ferreira, Nicholas M.I. Taylor, Daniel Mona, Philippe Ringler, Matthias E. Lauer, Roland Riek, Markus Britschgi, and Henning Stahlberg. Cryo-EM structure of alpha-synuclein fibrils, eLife, publiziert online 3. Juli 2018, doi: 10.7554/eLife.36402
Quelle: https://www.laborpraxis.vogel.de/wie-entsteht-parkinson-aktuelle-studie-weckt-zweifel-an-bisheriger-theorie-a-731416/